Montag, 4. November 2019

Mein Lebens als Leiharbeiter im Rettungsdienst


da viele Interesse an meiner Tätigkeit als Leiharbeiter im Rettungsdienst haben und ich auch gerne darüber berichte: hier mein Blogbeitrag

Erstmal möchte ich differenzieren zwischen Honorartätigkeit und Leiharbeit.

Gelegentlich mache ich auch Honorardienste. Genauso wie es Notärzte gibt, die als Honorarkraft freiberuflich Dienste übernehmen, mache ich dies auch als Rettungsassistent. Allein darüber könnte man einen ganzen Beitrag schreiben.
Kurz: du nimmst was du kriegst oder eben nicht. Die Auftraggeber sind teilweise sehr wählerisch. Du musst dich selbst versichern und je nach Situation auch Sozialabgaben/Steuern zahlen. Daher ist der Stundenlohn zwischen 25,00€ bis zu 38,00€ relativ zu sehen. Man verhandelt sein Honorar selbst und muss abschätzen was realistisch raus zu holen ist. Ein Chemieunternehmen zahlt sicherlich mehr als ein Kreisverband.
Dafür musst du halt auch liefern: keinen Einarbeitungsdienst und Geräteeinweisungen solltest du auch mitbringen. Ist nicht jedermanns Sache. Ich persönlich mache das mittlerweile auch eher selten, meistens passen die Angebote nicht in meinen Terminkalender.
Honorartätigkeiten gibt es übrigens auch an Schulen als Dozent.

Aber das sind die Honorartätigkeiten und ein eigenes Thema.

Zur Leiharbeit kam ich, als ich während des Studiums mich bei einer Agentur beworben habe und mir Angebote hab zuschicken lassen.

Irgendwann wurde kurzfristig jemand für die Bodensee-Region gesucht. Ich hatte Zeit und wollte eh mal was anderes sehen. Rettungsdienst hatte ich bis dahin pausiert, weil mich das Gehalt und die Arbeitsbedingungen mega angekotzt hatten.

Ich hatte zunächst immer wieder 2 Wochen Einsätze, sodass es sich für alle Beteiligten auch gelohnt hat. Zum einen wollte ich mir das erst mal angucken, zum anderen konnte ich terminlich nicht anders. Deshalb bin ich in den Semesterferien immer wieder in solchen 14 tägigen Blöcken gefahren.

Irgendwann gefiel es mir in der #Schwabenrettung nicht mehr, das lag aber an den Rahmenbedingungen der Hilfsorganisation und keines weg an de super tollen Kollegen, die mich ohne wenn und aber als Kollegen in ihre Mitte aufgenommen haben. Ich fragte nach einem anderen Einsatzort, der ggf. auch etwas heimatnäher ist. So kam ich nach Hessen zu einer der besten Rettungsdienstorganisationen, die ich bisher in Deutschland kennen lernen durfte.

Aktuell mache ich „Urlaubssemester“ und habe direkt einen unbefristeten Vertrag, ohne Probezeit bekommen (da wir schon viel zusammen gearbeitet haben). Ich kann im folgenden auch nur von der Firma reden, wo ich angestellt bin.

Ich habe eine 60% Stelle, das sind 91h im Monat. Und da fängt es schon an: ich bekomme tatsächlich JEDE (¼) Stunde VOLL bezahlt. Keine 48h Stunden Woche, wo du 40 als Arbeitszeit und die restlichen 8h als Bereitschaftszeit auf der Wache geringer vergütet bekommst.
Dazu gibt es die ganz normalen Zuschläge für Nacht, Feiertag usw.

Das Gehalt ist soweit ich das vergleichen kann und gehört habe überdurchschnittlich gut. Das Grundgehalt ist fast soviel wie ich teilweise mit einer Vollzeit-Stelle hatte.
Wodurch die ganze Sache finanziell interessant wird: neben dem schon sehr guten Grundgehalt gibt es noch Fahrtgeld (30 Cent/km) vom Wohnort zum Einsatzort und von der Unterkunft zur Wache und einen „Verpflegungsmehraufwand“. Diesen bekomme alle Leiharbeiter gesetzlich verpflichtend, also auch z.B. Bauarbeiter, die auf Montage gehen. Das sind pro Tag 24€ und pro Anreisetag 12€. Kann auch ein wenig mehr oder weniger sein, bin mir da gerade nicht so ganz sicher, aber es lohnt sich auf jeden Fall, weil diese Zulage Netto, steuerfrei gezahlt wird.

Für die Rente (an die ich eh nicht glaube #sozialverträglichSterben) kommt dabei nicht ganz soviel rum, aber netto ist das Gehalt sehr fair.

Dafür wird natürlich auch etwas im Gegenzug verlangt: du bist länger von zuhause weg (ohne Kinder geht das noch und meine Frau ist mega entspannt damit).

Wie läuft das ganze jetzt ab?

Durch die Firma bekomme ich meine Einsätze mitgeteilt und den Zeitraum. In der Regel wirst du nicht zwanghaft irgendwo hin geschickt, auch wenn das arbeitsrechtlich natürlich überhaupt kein Problem wäre.
Mein Chef hat mich sogar letztens noch gefragt, ob ich für 2 Wochen woanders hin gehen könnte, ihm wäre jemand krank geworden und er habe dem Kunden jemand für diesen Zeitraum zugesagt. Hab ich gemacht, weil ich es wollte und eine Hand die andere wäscht… Fragen MÜSSEN hätte er mich allerdings nicht, aber die Firmenkultur bei uns ist echt super.

Wenn ich in einem Zeitraum unbedingt frei haben muss, bietet mein Chef mich in dem Zeitraum einfach nicht an und ich kann frei haben. Unsere Firma schließt mit dem Kunden einen Vertrag ab, dessen Detail ich natürlich nicht kenne, aber ich weiß z.B. das wenn jemand von uns krank wird und nicht arbeiten kann, unsere Firma jemand anderes stellen muss oder Vertragsstrafe zahlen muss.

Also zurück: Ich bekomme meinen Einsatzzeitraum und Ort inkl. Unterkunft genannt.
In der Regel kümmert der Kunde (der Rettungsdienstbetreiber) sich um eine Unterkunft für uns Leiharbeiter. Das kann von einer Ferienwohnung mit WLAN aber mitten im Wald im nirgendwo, über Gasstätten mit Fremdenzimmer bis hin zum Hotel alles sein. Wenn etwas gar nicht gehen würde (kam noch nicht vor), würde die Firma sich um eine adäquate Unterkunft kümmern. Das ist auch vertraglich geregelt.

Ich fahre meistens 1 Tag vorm ersten Einsatz zur Unterkunft und richte mich ein. Meistens fahre ich in meiner Freizeit nochmal auf die Rettungswache am Tag vorher, um mir das mal vorher anzugucken und zu wissen wo ich hin muss. Das ist keine Pflicht und absolut mein „Privatvergnügen“!

Die ersten 1-2 Dienste sind Einarbeitungsdienste, wo ich als 3. Mann mit einem mehr oder weniger erfahrenen Kollegen mitfahre. Das reicht mir persönlich auch um die wichtigsten Dinge kennen zu lernen wie: Protokollführung, Patientenanmeldung, Fahrzeug, Rahmenbedingungen usw. (bei Honorardiensten läuft das ja komplett ohne Einarbeitung).

Dann geht es als Verantwortlicher auf den RTW und man hat ganz normal seine Dienste im Rettungsdienst mit Wachaufgaben und dem ganz normalen Alltag. Was ich als ganz angenehm empfinde: ich habe keine verpflichtende Zusatzposition wie Desinfektor oder MPG-Beauftragter. Sobald also Wachaufgaben erledigt sind heißt es nur noch einen guten Eindruck machen und warten was der Tag so bringt.

Die Akzeptanz der Kollegen ist unterschiedlich. In der Bodensee-Region wurde ich voll akzeptiert und war Teil der Wachgemeinschaft.
In Hessen haben viele Kollegen, die allerdings auch ansonsten mit sich und dem Leben eher unzufrieden sind, sich beschwert und mich (teilweise!) nicht akzeptiert.
Sehr schön war auch „warum die Leiharbeiter so viel verdienen und dass das alles ungerecht sei“ sich selbst beantwortet wurde, bevor ich fragen konnte „warum machst du es dann nicht auch?!“, nämlich: „aber gut, ich könnte das nicht, allein schon wegen dem Haus und den Kindern“.

In der Regel ist man aber gut akzeptiert und mir persönlich gefällt die Abwechslung super. Vor allem sollte es an einem Ort mal Probleme geben oder es mir nicht mehr gefallen (z.B. wegen Personellen oder Strukturellen Veränderungen oder was auch immer), kann ich wechseln und hab immer noch den selben, guten Arbeitgeber.

Ich kann Glück und Pech mit den Kunden haben. Zwischen 0-Schicht auf der Landrettungswache und 12h durchfahren in der Stadtrettung ist alles möglich. Wenn möglich wird natürlich der Wunsch des Mitarbeiter berücksichtigt.

Schattenseiten gibt es natürlich auch. Je nach Kunde gibt es erst sehr spät einen Dienstplan. Planen ist damit manchmal etwas schwierig, aber bei jetzt durchschnittlich 8 Dienste pro Monat oder einem vorher bekannten Zeitraum wie 2 Wochen alles machbar. Und falls ich irgendwann mal wirklich frei brauche, sag ich meinem Chef Bescheid.

Bis zum Ende des Jahre bin ich jetzt beim Kunden in Hessen, hoffentlich danach noch weiter. Sicher kann ich mir da nicht sein, auch eine Schattenseite.

Bezüglich anderer RD-Bereich: wenn man mal hier, mal dort gefahren ist, merkt man schnell das es quasi „überall das Gleiche“ ist. Will sagen: es ist machbar. Klar man muss vielleicht auch mal bei der Leitstelle nachfragen, welches das nächst geeignete Krankenhaus ist und es vielleicht am Anfang nicht so schlau mit einem „Anfänger RS“ zu fahren, aber es ist wirklich machbar.

Von anderen Leiharbeitern von anderen Firmen hab ich gehört, die würden teilweise sogar einen Dienstwagen bekommen. Ob das wahr ist und wie sonst deren Arbeitsbedingungen sind kann ich leider nicht beurteilen.

Von der Firma bei der ich angestellt bin, hab ich bisher auch erst 3 andere RA/NFS getroffen, meist eher zufällig, wenn wir beim selben Kunden eingesetzt werden. Auch die anderen berichten durchweg positiv von unserer Firma.

Man muss natürlich sagen, dass es ein Geschäft ist. Wer da wen über den Tisch zieht, weiß ich nicht. Der Markt für RA/NFS ist bekannter Maß offen und hart umkämpft, Stellen gibt es wie Sand am Meer.
Ich weiß z.B. das Kreisverbände unsere Kosten wieder steuerlich absetzen können..

Mir persönlich macht es riesengroßen Spaß und ich bin sehr zufrieden. Mit dem Arbeitgeber, den Arbeitsbedingungen und vor allem dem Gehalt.

Falls ihr noch Fragen habt schreibt mir gerne hier oder bei Twitter @RescueNurse

Ich freue mich auf Fragen und auf Feedback zum Blogbeitrag!


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